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Bücherschränke und Videoüberwachung: Was wirklich hilft
Sebastian Eckert comment 2 Comments

Bonn – In Beuel wurde der beliebte Bücherschrank am Rheinufer abgefackelt. Der Schaden beläuft sich auf 1500 Euro. Schnell startete jemand eine Spendenkampagne, um das Geld aufzutreiben und den Schrank durch die  Bürgerstiftung Bonn wiederherzustellen zu lassen. Es war das vierte Mal, dass der Schrank beschädigt wurde.

Zugleich wurden Rufe nach einer Videoüberwachung des Schrankes laut, eine ziemlich unsinnige wie auch undurchführbare Idee, und das aus mehreren Gründen.

  • Eine Videoüberwachung ist teuer. Die Kamera müsste im Außenbereich angebracht werden, und zwar so, dass sie nicht beschädigt werden kann. Das ginge nur an einem höheren Mast. Zugleich muss sie einen breiten Bereich abdecken, den Witterungen winters wie sommers standhalten. Die Bilder müssten aus naheliegenden Gründen nicht vor Ort, sondern auf einem Server gespeichert werden.
    Eine rechtskonforme Videoüberwachung muss zudem markiert sein. Wer einen Schrank anzündet, zerstört auch eine Kamera. Anschaffungskosten für eine vernünftige Überwachung liegen im mittleren vierstelligen Bereich. Hinzukommen jährliche Wartungskosten von mehreren Hundert Euro, die sich nicht nur auf Strom und Telefongebühren beschränken, sondern auch auf Dinge wie Kameras putzen und erneuern, Systeme warten, Dinge tauschen.
    Wer sich schon einmal gefragt hat, warum viele Kameras an Bahnhöfen nicht funktionieren: Es ist aufwendig.
    In diesem Falle liegen die Kosten wahrscheinlich sogar über denen, die bislang angefallen sind.
  • Eine rechtskonforme Videoüberwachung einer öffentlichen Außenanlage ist rechtlich nur durch Behörden zulässig, wenn es sich um einen Verbrechenschwerpunkt handelt. Das liegt nun wahrlich nicht vor. Den Bücherschrank gibt es seit 2005. Er wurde in 13 Jahren viermal beschädigt, durchschnittlich also alle drei Jahre. Das heißt aber auch, dass jährlich zehntausende Menschen den Schrank nutzen, ohne ihn zu zerstören. Diese werden unter Generalverdacht gestellt, nur weil alle 1200 Tage jemand Vandalismus betreibt.

Was wirklich hilft: Kümmern, reparieren und ächten

Man muss schlicht damit leben, dass Dinge im öffentlichen Raum beschädigt werden. Die einzige Lösung ist, alle drei Jahre die überschaubaren Kosten als Allgemeinheit zu tragen und den Schrank so schnell wie möglich zu reparieren. Es ist günstiger als eine Videoüberwachung, und das Geld ist besser angelegt.

Es hat sich gezeigt, dass kümmern und reparieren Viertel am Leben hält und zusammenschweißt. Zugleich verlieren Menschen, die mit Absicht Dinge kaputt machen, irgendwann die Lust, wenn es stets repariert wird.

Kümmern bedeutet auch, wachsam zu sein. Der Bücherschrank steht im belebten Raum. Vielleicht werden die Übeltäter beim nächsten Mal erwischt, vielleicht ermittelt die Polizei dank Smartphone-Abfrage bereits dieses Mal diejenigen, die in Frage kommen.

Gleichzeitig geht es um die mediale Ächtung der Zerstörung. Auch die Täter sind nicht blind. Sie bekommen die Reaktionen der Menschen mit, gleich, ob es sich um einen einmaligen Ausrutscher oder um bewussten Zerstörungswillen handelt.

Letztlich ist es besser, statt in Kameras das viele Geld in diesen oder den nächsten nötigen Bücherschrank zu stecken. Vandalismus wird es immer geben, aber Menschen, die sich einsetzen und den Wert dieser Schränke schätzen, die sind rar.

Großer Aufschrei, mäßige Spenden

Dass trotz des medialen Aufschreis und der vielen Kommentare in sozialen Netzwerken gerade einmal rund 700 Euro zusammengekommen sind, zeigt: Die Aufregung über die Zerstörung ist groß. Der Wille, dagegen zu halten, offenbar nicht so sehr.

Die Spendeninitiative zum Bücherschrank ist hier.

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  1. “Dass trotz des medialen Aufschreis und der vielen Kommentare in sozialen Netzwerken gerade einmal rund 700 Euro zusammengekommen sind, zeigt: Die Aufregung über die Zerstörung ist groß. Der Wille, dagegen zu halten, offenbar nicht so sehr.”

    Ich halte es niemandem vor, zu zögern, wenn es darum geht, Geld für die Wiederherstellung eines Objekts zu spenden, das vermutlich sowieso recht bald wieder angezündet wird.

    1. Die Frage ist, was heißt bald. Wenn es durchschnittlich alle zwei Jahre zerstört wird, dafür zwei Jahre Freude bereitet, sollte man vielleicht ein, zwei Euros geben.
      Im Übrigen führt akzeptierter Vandalismus bzw. nicht reparierte Schäden dazu, dass Viertel vor die Hunde gehen.