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EuGh-Urteil: Falschverstandenes Recht auf Vergessen
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Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (C-131/12) hat es in sich. Von nun an kann jeder Bürger   missliebige Suchergebnisse über ihn löschen lassen.

Im Kern geht es um einen spanischen Bürger, der nicht mehr möchte, dass sein Name in Bezug auf eine Zwangsversteigerung vor 15 Jahren bei Google gefunden wird.

Das Urteil hat Folgen, die noch gar nicht abzusehen sind.

Ein Unternehmenssprecher bestätigte auf Anfrage einen Bericht der BBC, wonach ein Politiker, ein Pädokrimineller und ein Arzt entsprechende Anträge gestellt hätten. So fordere ein Politiker, der eine Wiederwahl anstrebe, Links zu einem Artikel über sein Verhalten während seiner Amtszeit zu entfernen.

berichtet etwa Golem.de. Ärzte wollen negative Bewertungen aus dem Netz schaffen, bald dürften schmuddelige Frittenbuden und Großkonzerne folgen.

Wer weiß, vielleicht ist Burger King auch bald dran, die Enthüllungen des “Team Wallraf” bei Google löschen zu lassen.  Schließlich haben sie ja versprochen, sich zu bessern, damit ist der alte Sachverhalt nur rufschädlich und passè.

Klar, auf den Ursprungsseiten, etwa Zeitungen, sind die Artikel vorhanden, wer also blind sucht, wird sicher fündig – irgendwann. Doch sich einfach über Sachverhalte zu informieren, fällt damit schwerer. Denn die Listen der Suchmaschinenbetreiber sind damit noch weniger Wertneutral, als sie es jetzt schon sind; man kann nie wissen, ob nicht alles Schlimme entfernt wurde, nur noch die gute, heile Welt erscheint.

Chancen und Probleme für Blogger

Doch was bedeutet dies für Blogger und Medien? Ein Beispiel: Angenommen, Spezialblogs wie burschenschafterpacktaus würden über rechtsextreme Entwicklungen und Vorfälle schreiben und Material sammeln. Diese Einträge wären in Suchmaschinen zu finden. Das mag einigen ein Dorn im Auge sein, Norbert Weidner wäre nur ein solcher Fall. Auch der Wikipedia-Link könnte in diesem Zug aus der Suche entfernt werden.

Betroffen sein könnten auch Materialsammlungen mit missliebigen Einträgen. Die dürften allerdings kurzzeitig einen deutlichen Zulauf bekommen. Denkt man aber das Urteil weiter, dürften auch die Ergebnislisten von Suchfeldern auf Seiten bald in den Fokus geraten, liefern sie doch auch auf Knopfdruck Bilder. Damit wäre das Archiv bei Zeitungen und Blogs  ebenfalls bedroht.

Denn das EuGh Urteil ist nicht der Anfang von einem “Recht auf Vergessen”. Es ist der Anfang eines “Recht auf selektives Vergessen lassen.”

Noch kann man hoffen, dass nicht alle Suchmaschinen betroffen sind, dass sich die meisten vorerst auf Google stürzen. Vielleicht wird es daher wieder Zeit, auf andere Engines zu setzen  – oder wieder mit den guten, alten, gepflegten Linklisten zu arbeiten.

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