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Digitale Hilflosigkeit wirft Fragen auf
Sebastian Eckert comment 0 Comments

Das Internet verführt. Es verführt dazu, erstmal zu posten, dann zu denken. Noch nie waren Informationen so nah, noch nie konnte man so schnell das Bruttoinlandsprodukt von Nicaragua herausfinden, wann die Öffnungszeiten der Postfiliale in Bonn sind und wie die Steckerbelegung eines USB-Kabels ist.

Doch inzwischen scheint es für eine wachsende Zahl von Menschen zu schwierig geworden zu sein, diese Informationen selbst zu finden. Bei Google tippt man etwas ein, sucht falsch, findet es unter den ersten drei Treffen nicht. Gibt auf.

Stattdessen nutzt man Plattformen wie “gute Frage”, “Yahoo answers” oder irgendwelche Facebookgruppen, und wundert sich hinterher, dass man so viele dumme Antworten bekommt.

Beispiel gefällig?

Aus Facebook: weiß jemand, wo man Maiherzen herbekommt? \wo es Maibaum gibt / weiß jemand, ob es dieses Jahr Stadtgartenkonzerte gibt? / wo finde ich Holzplatten? \ Kann ich mein Handy (ohne Angabe  des Typs) auch in den USA benutzen? \ zu welchem Stadtteil gehört 53113?

Alles Fragen, die in den letzten Tagen gestellt wurden. Alles Fragen, bei denen Nachdenkens und dann googlen schneller ans Ziel führen würde. Und zudem würde man nicht zeigen, dass man selbst nicht in der Lage und auf Hilfe angewiesen ist.

Gute Frage  wartet damit auf:

http://www.gutefrage.net/frage/ich-habe-zugenommen-wieso

http://www.gutefrage.net/frage/ich-moechte-haare-schneiden-lassen-wie-viel-kostet-es-ungefaehr

Nur die Beispiele der letzten Stunden.

Inzwischen scheint sich bei vielen Menschen schon der Denkprozess ins Netz zu verlagern. Das, was früher als plötzliche Frage das Hirn durchzuckte, wird gepostet, um dann in einer kollektiven Aufarbeitung zum Ziel zu führen.

Hinzu kommt, dass sich die Leute nicht mehr über Alltägliches informieren, keine gefilterten Nachrichten aus den Medien mehr konsumieren.

Es ist eine anscheinend Überforderung mit kleinsten Problemen, die man nach draußen weitergibt. Man möchte, will sich nicht mehr mit immer komplizierterer Sichere im Netz abfinden. Was früher der Brockhaus, die Tageszeitung, die Gelben Seiten, der enge Freundeskreis war, ist heute das Forum.

Wer nicht fragt, bleibt dumm. Die Textzeile aus einem Song ist nicht buchstäblich gemeint. Denn es gibt dumme Fragen. Die oft noch unklar, zu allgemein, gestellt werden. Und zu oft folgen darauf dumme Antworten.

Das fängt schon bei der Ausgestaltung an. Denn hat man sich Gedanken über eine Frage gemacht, gibt es einen Denkprozess, denn man den Befragten schildern kann und sollte. In der Technik wäre es: Gerät, Fehlerbeschreibung, letzte Aktionen vor Auftreten des Fehlers, versuchte Lösungswege. Problemstellung.

Bei Forumsfragen nach Postleitzahlen: Wohnungsangebot gefunden im Netz. Genauer Ort unklar. Auf Seite keine Angaben. Die Frage? Welche Postleitzahlen gibt es wo in Bonn. Gegoogelt: Postleitzahlen Bonn.

Lösung gefunden im zweiten Treffer (offizielles städtisches Telefonbuch)

http://www.dasoertliche.de/Themen/Postleitzahlen/Bonn.html

Und das soll schwieriger sein und länger dauern, als einen Forumsbeitrag zu verfassen?

Das wirft Fragen auf.

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