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Ein Maklertermin in Bonn
Sebastian Eckert comment One Comment

Tausend Euro für gefühlte zehn Minuten Arbeit. Makler sein, das ist schon ein toller Beruf. Gelernt dafür muss man auch nichts haben, genauso wenig wie eine besondere Befähigung. Das ist das Gefühl, dass sich mir in den letzten Wochen ereilte, als ich mich auf die Suche machte nach einem neuen Heim. Sehr krass wurde es am Freitag. Die Anzeige bei Immo-Scout24 klang so vielversprechend wie dürftig: „Großzügige 2-Zimmer-Wohnung, 60 m², mit Balkon in Bonn!!“ lautete die Überschrift, samt Doppelausrufezeichen. Natürlich sind vermehrte Ausrufezeichen von der Syntax her reine Platzverschwendung. Allerdings sind sie im Internetverkehr inzwischen leider üblich. Dort verwendet man zumeist ab drei bis fünf solcher Satzzeichen, um etwas bereits Ausgerufenes noch mehr zu betonen, quasi, eine Doppelbetonung, um die Wichtigkeit hervorzuheben. Am besten, nachdem man es bereits in Großbuchstaben geschrieben hat, damit quasi etwas heraus geschrienes erneut als hinaus gerufenes markiert. Zwei Zeichen hingegen deuten eher auf fahrige Tippserei oder Unwissenheit hin, lesen sich zudem auch schlechter als drei und bringen die Menschen ins Grübeln. War da jemand einfach nur unkonzentriert, oder hat er eines vergessen oder zu viel gesetzt? Vermutlich war es auch dieser Doppelanschlag eines Satzzeichens, der irgendwo eingespart werden musste. Und zwar bei den Bildern. Denn außerhalb dem Firmenlogo fehlten jegliche Fotos. Vermutlich wäre das auch zu aufwendig gewesen für die Maklerfirma. Außerdem, wer möchte sich schon anhand von Bildern vororientieren, vielleicht Angebote aussortieren und damit beiden Parteien Arbeit ersparen? Oder wollte man nur so viele Kunden wie möglich ankarren? Die Beschreibung las sich nicht schlecht: 440,- Euro Kaltmiete, 90,- Euro Nebenkosten (ohne Heizkosten. Als weitere Beschreibung diente dieser karge Text:

<blockquote>„Profitieren Sie von der absolut zentralen Stadtlage!!“ </blockquote> Wie inklusive zweier Satzzeichen.

<blockquote>„Die gut geschnittene Zwei-Zimmer-Wohnung ist aufgeteilt in einen Dielenbereich, ein Schlafzimmer, ein Badezimmer mit Badewanne, eine Küche sowie ein Wohn-/ Esszimmer. Die Wohnung verfügt über einen gemütlichen Balkon, der zum Verweilen und Entspannen einlädt. Die Böden der Wohnung sind mit geschmackvollem Laminat versehen. Ebenfalls steht Ihnen ein Kellerraum zur Verfügung.“ </blockquote>

Nicht schlecht. Als Lage war „liegt im Bonner Zentrum“ angegeben, was wiederum sofort durch die Ortsangabe „Weststadt „widerlegt war. Bonn ist keine Metropole. Alles, was nicht innerhalb des City-Rings liegt, sollte mit den entsprechenden Stadtteil-Bezeichnungen realisiert werden. Wir sind hier ja nicht im Hotelkatalog. Ansonsten wäre ja auch noch Hardtberg oder Plittersdorf „im Bonner Zentrum.“ Wirklich überprüfen konnte man den genauen Standort sowieso nicht – eine Adresse fehlte. Damit schied auch eine Vororientierung via Google Street View aus. Alles, was die Wohnung beschrieb, waren eine handvoll lose Zeilen. Lobend wurde eine optimale ÖPNV und Autobahnanbindung hervorgehoben. Und, als Prospekthöhepunkt zur Lage: „Die Nähe zum Rhein lädt zu schönen Spaziergängen ein.“ Von der Adresse aus war der Rhein gut 25 Minuten zu Fuß entfernt Das trifft auf gut die Hälfte aller Bonner und Beuler Wohnungen zu.

Das Telefongespräch Das Telefonat lief so ab. [Gedächtnisprotokoll] Ich nannte meinen Namen, bekundete mein Interesse. Die Dame am anderen Ende der Leutung antwortet e barsch. „Moment“. Ich hing in der Schleife. Kurz darauf: „Wollen Sie die Wohnung für sich mieten??“  Ja, antwortete ich. „Moment.“ Wieder war die Schleife meine neue Heimat. „Haben sie ein festes Einkommen?“ Ja. „Moment“. Erneut hielt die Dame Rücksprache. „Haben sie Haustiere?“ Ich verneinte. „Moment“. Kurz darauf. „Am Freitag um 18 Uhr hätten wir einen Termin frei. Sie werden dann an der Ecke Haydnstraße / {…} von Frau Halbweizen (* abgeholt.“

Klasse, dachte ich mir. Wenigstens ein Einzeltermin. Nichts war schlimmer, als mit hunderten anderen Leuten eine Wohnung ansehen zu dürfen, danach einen Zettel irgendwohin zu mailen, per Post senden, oder, ganz schlimm, faxen.

Der Termin Wartend stand ich am Termintag an der Ecke, und bis 18 Uhr trudelten sechs weitere Teilnehmer ein. Statt persönlicher Betreuung hieß es wieder Massenabfertigung. Spart ja Zeit und Geld – dem Makler, der dafür 2,38 Monatsmieten haben möchte. Rund 1200 Euro.

Erst mit zehn Minuten Verspätung war die Maklerin vor Ort, Typ ältere Grundschullehrerin. Parkprobleme, schnauft sie. Es ist nicht ihr erster Termin, auf ihrer Liste stehen bereits einige andere Häuser zuvor. Wir stellen uns vor, schütteln brav die Hände, augenscheinlich vergisst sie sofort wieder alle Namen. Sind alle da, fragt sie, zieht eine Liste heraus, hakt die Namen ab. „Sie waren nochmal Frau…“, sucht die entsprechende Stelle auf ihrer Liste. „Einer fehlt noch, da warten wir noch einige Minuten“, erklärt sie.

„So. In der Zwischenzeit können wir ja schon einmal die Eckpunkte vorgehen“, sagt die Frau, fummelt den Zettel voll handschriftlich notierter Informationen hervor, rattert das herunter, was bereits Online zu lesen war. Dann kam der dicke Batzen. „Was noch zu beachten ist, die Küche und Badmöbel der Vormieterin müsste übernommen werden. Sie wurden eigens für die Wohnung eingebaut, sind im Topzustand. Die Vormieterin möchte 2500,- Euro dafür haben. Aber da ist natürlich Luft nach unten.“ Dass dies nicht verpflichtend sein kann und darf, davon war keine Rede, ist aber weniger wichtig.

Viel mehr stellt sich die Frage: Warum stand das nicht schon in der Ausschreibung? Dass zusätzlich zur Maklerprovision einige Hundert Euronen fällig werden? Der Vermisste taucht nicht auf. Wir gehen einige Häuser in eine Nebenstraße

Die Wohnung ist hübsch, kleiner als gedacht, recht gemütlich, mit etwas Altstadtflair und höheren Decken. Viel neues gibt es auch von der Maklerin nicht, sie sagt noch etwas über durchschnittliche monatliche Zusatzkosten durch die Gastherme und Strom, die bei der Vormieterin bei rund 50 Euro lagen. „Aber die Frau war auch kaum da.“

Nach fünf Minuten hat man alles gesehen, was man auch gut im Netz mit Fotos hätte erkennen können. Frau Halbweizen zieht einige Zettel heraus. „Ich bräuchte noch Ihre Unterschriften, dass sie bei der Besichtigung waren und mit den Provisionsbedingungen einverstanden sind“, sagt die Frau, die uns zehn Minuten die Wohnung gezeigt hat. „Wo ist noch einmal Herr xy?“ Die Namen ihrer „Kunden“ kann sie noch immer nicht. Ich unterschrieb den Wisch. Und wie geht es jetzt weiter, möchte ich wissen. „Haben sie denn Interesse?“ Ich bejahe die Frage. „Dann notiere ich mir das. Sie müssten aber Montag in der Zentrale anrufen, und dort ihr Interesse noch einmal bekunden. Dann erfahren sie, wie es weitergeht. Ich mache hier nur den Außendienst, das läuft alles über die Zentrale.“ Ich war sprachlos. Meine geteilte Vorort-Maklerin hatte mir die Türe aufgeschlossen und die Wohnung gezeigt. Alles andere machte die Zentrale. Auch wer vor Ort war und wie wirkte, spielte anscheinend keine Rolle.

Wohnungsvermakel Ich rege mich nicht über Makler im Allgemeinen auf. Ich rege mich aber darüber auf, dass ein Makler beauftragt wird, aber nicht der Auftraggeber zahlt, sondern der Kunde. Dass man eine Gebühr auf das Auge gedrückt bekommt, die oftmals in keinem Verhältnis zur geleisteten Arbeit steht. Dass die meisten Makler nicht für einen Mieter eine Wohnung suchen und dafür Geld bekommen (als Leistung für den Mieter). Stattdessen suchen sie einen Mieter für eine Wohnung, und lassen den Mieter dafür Dicke blechen (Als Leistung für den Vermieter).

Es geht mir in erster Linie nicht einmal darum, dass es unsozial ist, einen Makler einzuschalten. Das steht außer Frage. Eine Maklerprovision hält einkommensschwache Menschen von Wohnungen fern. Gerade alleinverdienende, möglicherweise halbtags arbeitene Menschen müssen so für einen 30 m² Miettraum knapp tausend Euro zahlen. Es ist eine direkte Zusatzgebühr zur Miete. Und immer öfter werden Makler zwischen den Vertrag geschaltet. (**

Es geht mir darum, dass viele Makler eigentlich nichts machen, außer die Wohnung ins Netz zu stellen (Und das auch noch schlecht), einen Massentermin starten und dann die Mieter nehmen, die womöglich das beste Einkommen haben. Dass die Vermieter gar nicht mitbekommen, ob vielleicht andere besser geeignet wären. Dass Berufe, Arbeit, Familie und Leben der Mieter keine große Rolle mehr spielt, dass es hauptsächlich um Einkommen geht, möglicherweise noch um Auftreten.

Klar ist es als Vermieter anstrengend, eine Wohnung zu vermieten. Klar greift man auch daneben. Aber dann soll man gefälligst auch selbst den Auftrag bezahlen. Schließlich spart der Vermieter sich auf- und abschließen, Das Beantworten von Fragen.

* Frau Halbweizen heißt natürlich nicht Frau Halbweizen. ** Just in jenem Falle war es halbwegs okay, da von Vermieterseite keine Kaution verlangt wurde. Allerdings heißt dies ja nicht, dass nach Auszug trotzdem Kosten übernommen werden müssten.

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  1. Schöner Artikel. Bin ebenso ein Ironblogger Bonn und so auf deine Seite aufmerksam geworden.

    Meine Erfahrungen mit Maklern sind auch sehr negativ. Habe es einmal erlebt, dass mein Vormieter mich als Nachmieter für ein Appartment “gecastet” hat und dann plötzlich die Maklerfirma ankam und sagte, dass eine Kaution in Höhe einer Monatsmiete fällig wird. Auf meinen Versuch mich zu weigern wurde knallhart gedroht, dass man aufgrund der angespannten Wohnsituation auch leicht einen anderen Mieter finden könne.

    Das fand ich absolut widerlich. Der einzige Aufwand der Maklerfirma bestand in der Wohnungsübergabe, dafür gabs dann mal eben 240 Euro.