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Undigitalisierbare Schulen und Corona: Die verpasste Chance
Sebastian Eckert comment 0 Comments

Als mir eine Mutter kürzlich berichtete, dass ihre Kinder jetzt Hausaufgaben per Post erhielten, war ich baff. Ich stellte mir vor, wie der Lehrerkörper offenbar täglich am Matrizendrucker steht und für seine dreißig Schüler Vervielfältigungen erstellt, diese trocknen lässt, anschließend in Briefumschläge steckt und zur Post bringt, damit sie zwei Tage später von den Kindern aus den Briefkästen gefischt werden. Ob die Antworten dann auch per Post zurückgeschickt werden, habe ich mich gar nicht getraut zu fragen. Offenbar kein Einzelfall.

Die Begründungen für die Verweigerung jeglicher Technik sind vielfältig. Neben der sozialen Teilhabe (nicht jeder Schüler habe Internet oder einen PC), werden gerne der Datenschutz vorgeschoben.

Soziale Teilhabe ermöglichen

In Sofortprogrammen werden Milliarden Euro gegen die Folgen von Corona ausgegeben. Warum es da nicht möglich sein sollte, die handvoll Kinder in der Klasse ohne Smartphone, PC oder Internet mit entsprechender Technik auszustatten, ist schon fragwürdig. Vorallem, da ein bürofähiges Gerät noch nie so günstig zu erwerben war. Jedes Smartphone oder Kleinstrechner ermöglichen Aufgaben wie Videokonferenzen oder Email-Abruf.

Fünftausend Euro gab es in der letzten Wirtschaftskrise für jede Person, die ein Auto kaufte. Dreihundert Euro für jede Familie bei Kauf eines Rechners sind heute da nicht drinnen? Soziale Teilhabe in Zeiten der Digitalisierung ist eben auch, einen PC zu kaufen. Aber Schulen stehen schon immer hinten an, wenn der Geldregen kommt.

Datenschutz in Zeiten massiver Grundrechteeinschränkungen

Schwerwiegender ist da die leere Phrase des Datenschutzes. Statt sich mit der Materie zu beschäftigen und Lösungen zu erarbeiten, wird er wie ein schützendes Schild von Lehrern und Schulen hochgehalten.

In Zeiten, in denen Grundrechte wie freie Berufsausübung, Bewegungs-, Kunst- und Demonstrationsfreiheit in Tagesfrist aufgehoben wurden, bestehen Lehrer darauf, keine E-Mails versenden zu können. Oder Videokonferenzsysteme zu nutzen.

Dass es auch datenschutzkonforme Lösungen gibt, dass man selbst Zoom oder Microsoft Teams DSGVO-konform nach Abwägung der Situation einsetzen könnte, wird irgendwie ausgeblendet. Dass man die Kapazitäten der DFG für DFN-Conf aufstocken und nutzen könnte, oder, ganz einfach, einen eigenen Discord-Server aufsetzt – geschenkt.

Aber es würde auch bedeuten, dass eine der augenscheinlich am höchsten technikaversen Berufsgruppen sich mit der Materie beschäftigen müssten.

Keine soziale Interaktionen auch bei Briefen

Kürzlich konnte man in der Aktuellen Stunde im WDR einen Lehrkörper klagen hören, dass man durch Technik und Videochats nur eingeschränkte sozialen Interaktionen mit den Kindern habe. Die hat man bei Postbriefen auch nicht. Aber die Frage ist, ob Unterricht via Videos und geteilten Bildschirmen nicht doch sozial verträglicher ist, als wenn man die Eltern mit der Bildung beauftragt.

Schulöffnungen müssten nicht sein

Dass das Land NRW etwa seine Schulen sowohl in der Corona-Krise als auch jetzt in Zeiten der Öffnung wieder alleine lässt, fällt da kaum mehr ins Gewicht. Anstatt dass das Bildungsministerium rasch im Lockdown ein Digitalisierungsprojekt an den Start bringt, hat man einen Monat lang darauf verzichtet, etwas zu tun. Ähnlich sieht es jetzt bei der Öffnung aus. Die abstrusen Regelungen lautet letztlich: Schüler sollen kommen, aber die Schulen sollen schauen, dass sich keiner ansteckt.

Statt dass Bürgermeister und Minister täglich Corona-Zahlen zum Besten gegeben, wäre es an der Zeit, jetzt Schulen endlich zu digitalisieren, damit keiner kommen muss, der nicht kann oder gefährdet ist.

Ansonsten werden diese nämlich wiederum weiter abgehängt.

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