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Ich habe Angst um diese Stadt, um das weltoffene Bonn
Sebastian Eckert comment One Comment

So. Schluss mit Satire und Sarkasmus, mit Genöle über den Stillstand in der Stadt. Es ist Ernst.

Ich habe erstmals Angst um Bonn. Um diese weltoffene und zugleich piefige Stadt, in der Fremdenhass eigentlich kein Thema ist. Kein Thema war.

Wer aktuell Kommentare  unter den Artikeln über den tragischen Tod von Niklas liest, dem wird ganz anders. Blanker Rassismus schwelt wie seit 1945 nicht mehr durch die sozialen Netzwerke. Triumphierend wird argumentiert, dass der mutmaßliche Täter nicht nur einen italienischen Pass hat, der offenbar noch in Ordnung ist, sondern auch einen marokkanischen Migrationshintergrund.

Genau so, als ob es eine genetische oder kulturelle Begründung für grundlose Gewalt gibt, quasi einen pseudorassetypischen Grundzug im Charakter.  Führt man diese Argumentation weiter, gelangt man ins tiefe Dunkeldeutschland (das von 1933 bis 1945, nicht das postwende-Ostdeutsche) zurück.

“Der Jude an sich” von damals wird zum “Araber an sich”, zum “Muslimen an sich”, zum Nicht(west-)europäischen-” oder nicht-EU Ausländer an sich” heute. Das Individuum Täter wird zum Archetyp für alle Menschen mit selber Herkunft. Und wenn dann doch mal ein “NAFRI”, ein Muslim, zufälligerweise kein Schläger oder Grabscher ist, dann kann man das ja auf eine zivilisierte Ausnahme zurückführen. Den edlen Wilden, der dank deutscher Schul- und Kulturbildung doch vernünftig geworden ist, quasi.

Wollen wir das? Will man in so einer Stadtgesellschaft leben, bei der gegen eine Herkunft mit Generalverdacht belegt wird? In der Rasse und Kulturelle Herkunft wieder zur Argumentationshilfe wird? Nein.

Jeder Mensch ist ein Individuum, mit individuellen Prägungen. Natürlich haben Intensivtäter statistisch des öfteren einen anderskulturelle Herkunft. Aber sie sind alle Individuen, und oftmals ist in ihrer Vergangenheit etwas schief gelaufen. SIe erhielten vielleicht keine frühe Sprachförderung in der Schule, lernten nie richtig lesen und schreiben (davon sind in NRW dank “Schreibwerkstatt” übrigens weite Teile der Generation U28 betroffen”). Vielleicht haben sich auch die Eltern weniger gekümmert, dass sie eine gute Grund-Ausbildung erhalten, wer weiß.

Diese mangelnde Ausbildung ließ sie möglicherweise durchs Raster fallen, ist oftmals eine Ursache dafür, dass sie auf die kleinkriminelle Bahn und zu gewaltbereiten Straftätern wurden. Vielleicht ist dies eine Ursache, neben vielen Möglichkeiten.

Aber Herkunft und Abstammung als Ursache heranzuziehen, ist perfide. Und führt zu einer Ausgrenzung von über einem Viertel aller Bonner. So hoch ist der Anteil an Bewohnern mit einem Migrationshintergrund. Denn Herkunft kann man nicht ändern. Und eine Vorverurteilung, etwa aufgrund der Haut-, Augen oder Nagelfarbe, deshalb auch nicht.

Und besonders in einer weltoffenen UN-Stadt wie Bonn sollte man so einer Argumentation hart entgegentreten. Gewalt wird nicht geduldet. Aber Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung darf nicht die Antwort darauf sein.

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