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Putin, Hitler: Vergleichen ist nicht gleichsetzen
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Man sollte Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Sagt ein deutsches Sprichwort. Und nichts ist so schlimm wie Hitler. Wissen vor allem Politiker.

Aber man kann Äpfel mit Birnen vergleichen. Tut man das, stellt man fest, dass beides Obstsorten sind, das Birnen meist schneller matschig werden als Äpfel, die dafür eher verschrumpeln statt zu schnell zu faulen. Und man stellt fest, das Äpfel nicht Birnen sind.

Denn sagt man, Äpfel sind gleich Birnen, dann setzt man sie gleich. Zwischen vergleichen und gleich setzen besteht ein Unterschied. Dass sich trotzdem Äpfel und Birnen bis zu einem gewissen Rahmen gleichen, darf man auch nicht vergessen. Sie sind nur eben nicht das Selbe.

Ja, man darf sogar den Holocaust mit anderen Genoziden vergleichen. Etwa auf die Ausführung, das Grauen, den Zynismus, Brutalität. Aus der Presse und Erfahrung wissen wir, dass man dabei krude Gleichsetzungen und Vergleiche dabei vermeiden sollte.

Warum man das einmal klarstellen muss? Wegen Hitler. Und Putin. Und den neulichen Aussagen Schäubles. Der hatte vor einer Schulklasse in Bezug auf die Krim-Annexion gesagt:

“Das kennen wir alles aus der Geschichte. Mit solchen Methoden hat schon der Hitler das Sudetenland übernommen – und vieles andere mehr.”

Falsch ist das nicht. In vielen Bereichen gleicht das Vorgehen der Russen in der Krim dem der Nazis 1938.  Parallelen kann man durchaus ziehen. Völkerrechtswidrig war beides.

Politisch klug ist so etwas natürlich nicht, die Russen sind empört, sprechen von pseudohistorischen Exkursen. Claudia Roth sagte gegenüber der Welt:

“Gleichsetzungen oder Vergleiche mit Hitler und seinen Taten” relativierten “die an sich unvergleichbaren Verbrechen, für die Nazideutschland verantwortlich ist”. Deshalb verbiete sich jede derartige Argumentation.

Hitlern ist tabu. Das ist falsch. Der Holocaust wird dadurch nicht weniger furchtbar, wenn man ihn mit Ruanda 94 vergleicht, oder den stalinistischen Säuberungen. Er war extremer, systematischer industrialisierter und der Tiefpunkt an Menschlichkeit.

Dass man nicht dumm hitlern sollte, oder das Bienensterben mit dem Holocaust gleichsetzt, sollte aber jedem mit ein bisschen Verstand klar sein. Putin ist nicht Hitler.

Und doch sind Schäubles Parallelen nicht falsch. Sieht man sich die Sichtweise vieler osteuropäischer Staaten an, etwa der Balten, so besteht die Angst einer weitläufigeren Annexion, die vom Westen geduldet wird. Davor kann man warnen. Und man kann dadurch betonen, dass Russland jetzt mit Argusaugen beobachetet wird. Dass Schäuble das macht, ist mutig.

Ob es politisch klug ist, ist eine andere Frage. Dass die Medien bei Nazi-Anspielungen unreflektiert aufschreien, ist auch bekannt. Aber es ging ja um einen Vortrag vor Schülern.

Ürigends sagte Schäuble auch an diesem Tag, um das vollständige Zitat zu bringen:

Einen direkten Vergleich zwischen Russland und dem NS-Regime lehnte Schäuble aber in der Diskussion mit den Schülern […] ausdrücklich ab. “Und deshalb müssen wir den Russen sagen, wir vergleichen Euch mit niemandem, aber Ihr müsst wissen, das geht nicht, wir müssen das anders lösen”.

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