Da sind sie nun: Drei mehr oder minder fantastische Entwürfe für das Festspielhaus. Ausgewählt von einer 30-köpfigen Jury aus 10 Vorschlägen weltbekannter Architekturbüros. Sie bieten alles, was sich das Architekten- und Kulturherz vorstellen mag: Weltgewandheit, Ästhetik, Understatement. Sie sind so, wie viele der Konzertbesucher Bonn gerne sehen: mondän, mit viel Klasse.
Den restlichen Bonnern geht das Festspielhaus offenbar am Allerwertesten vorbei. Als am Dienstag die drei Entwürfe im Saal Berlin im Posttower vorgestellt wurden, umwehten nicht etwa Proteststürme den Wolkenkratzer in den Rheinauen, sondern nur starke Herbstwinde.
Keine plakathaltenden empörten Bürger, die die anstehenden Schließungen von Museen, Bädern, die Kürzungen bei der OGS oder die Sportplatzabgabe tragen müssen.
Das Kernproblem des Festspielhauses ist politisch nicht gelöst. Es besteht fort: Es kommt eine weitere Kulturstätte, die sich Bonn nicht leisten kann.
Die Bonner Oper muss für einen noch nicht bekannten Millionenbetrag saniert werden. Dieses Jahr wurde mit der Rufanlage begonnen. Dass der Balkon marode ist, seit Jahren mit Stützen gehalten wird, dass auf der Rückseite klaffende Risse im Mauerwerk zu finden sind, eingeschlagene Fensterscheiben im unteren Gebäudeteil auf Erneuerung warten, dass das Ufer an der Oper in schlechtem Zustand: All das interessiert nicht.
Dass das Theater Millionen Euro einsparen und Spielstätten aufgeben muss, das kümmert nicht.
Dass die Beethovenhalle, neben der das Festspielhaus aus dem Boden gestampft wird, mehr als marode ist, wird hingenommen.
Das Kernproblem bleibt: Drei Kulturhallen direkt nebeneinander sind mindestens eine zu viel für eine Stadt, die es nicht einmal schafft, innerhalb von drei Jahren die Römerstraße fertig zu sanieren.
Keine Frage, die Post wird das Festspielhaus rechtzeitig hinstellen, sofern die Politik mitzieht. Anfang 2016 fällt die letzte Entscheidung, dann wird abgerissen, gegraben, errichtet.
Und doch kommt das Geschenk die Stadt teurer als die erwarteten 15 Millionen Euro, die das Haus auf jeden Fall kostet.
4,4 Millionen gehen für die Herrichtung des Grundstücks drauf, 600 000 an das Studentenwerk, damit es seinen maroden Bau nicht selbst sanieren muss, sondern von der Stadt abreißen lässt. Und dann sind da diese 10 Millionen Euro, verteilt über 20 Jahre, an eine Betreibergesellschaft, an der die Stadt keinerlei Anteile besitzt. Sprich: 500 000 Euro jährlich. Interessant wird das erst, weil der Hauptmieter des Festspielhauses, das Beethovenorchester, nach Erkenntnissen der Bonner Medien rund 500 000 Euro zahlen könnte – als Jahresmiete.
Bisher floss das Geld in der Beethovenhalle zurück an den Besitzer, die Stadt. Jetzt würde das Geld an die Betreibergesellschaft fließen. Das heißt im Klartext: Jährlich wendet Bonn also eine Million Euro für das Festspielhaus auf, für die nächsten 20 Jahre.
Macht also rund 25 Millionen Euro an Aufwendungen, davon mindestens die Hälfte kreditfinanziert. 25 Millionen Euro kostet auch fast ein zentrales Kombibad, dass Bonns Bäderproblematik auf einen Schlag lösen würde. Aber dafür fehlt ja das Geld.
Sinn würde dieses Konzept eigentlich nur halbwegs machen, wenn eine der großen Hallen wegfiele. Die Beethovenhalle oder die Oper verkaufen oder abreißen, sodass mindestens 500 000 Euro jährlich an Kosten eingespart werden.
Dafür spricht etwa ein Entwurf in der Auswahl: Chipperfields Bauwerk, dass zwar weniger ästhetisch wirkt als die beiden anderen Entwürfe, bringt durch seine Geschosse auch eine Multifunktionshalle und Außenterrassen mit. Vielleicht ein Anfang, um die Beethovenhalle zu ersetzen?
Ein Problem bleibt also bislang: Das Festspielhaus kostet Bonn, dass sich eine Haushaltssperre auferlegt hat, dass überlegt, die Grundsteuer um Hunderte Punkte anzuheben, weil man sonst nicht aus dem Defizit herauskommt, kostet Bonn, verteilt auf 25 Jahre, mindestens 1,25 Millionen Euro, die es sonst nicht ausgeben würde.
Und ob die möglichen Einnahmen durch den Festspielhaustourismus wirklich letztendlich bei der Stadt landen, sei einmal dahingestellt.
Klar dürfte auch sein, dass Verluste bei der Betreibergesellschaft unter der Führung des DAX-Unternehmens Post DHL sicherlich irgendwie steuerlich absetzbar wären, wie auch der Bau. Hieße: Weniger Umsatzsteuereinnahmen für die Stadt
Was nicht sein kann. Das Festspielhaus kostet Bonn ja keinen Cent. Und Beethoven zahlt alles doppelt zurück.
PS: Die Entwürfe sind teilweise echt atemberaubend
20 Millionen absetzbar Beethoven Beethovenhalle Bonn Festspielhaus Kosten Steuer Taler Umsatzsteuer
Previous Next