Am Anfang war nicht viel. Es gab nicht viel zu sehen, ein paar grüne Wiesen, vier Kühe, eine Handvoll Ziegen, friedlich gemeinsam grasend. Gemütlich rollt der Zug die Schienen entlang durch die Landschaft.
Ypern taucht am Rand der Karte auf. Ypern, da, wo hunderttausende jämmerlich im Gas und gegenseitigen Maschinengewehrfeuer krepierten, weil es die Nationen so wollten, als Krieg en vogue war und ein Volk besser als das andere. Stillstand und Tod im Grabenkampf, wenige Metern sinnloser Landgewinn im Grabenkampf kosteten eine ganze Generation das Leben. Sie widmeten es dem Dienst fürs Vaterland, und nicht einer Idee
Ypern verschwindet wieder vom Kartenrand der Smartphone-App, Kilometer um Kilometer lege ich zurück im Zug, zum Sparpreis Europa. Europa ist für wenig Geld erfahrbar, ein Frieden, der auch durch die yperner, verduner, flandernde Erfahrungen erst möglich wurde. Durch den Verrat von staats- und staatsvolkwegen an der Menschheit im zweiten Weltkrieg, als ein Gefühl vermeintlicher Überlegenheit zur Aufgabe aller humanistischer Werte führte.
Wer heute nach neuen Grenzen schreit, nach Kontrollen, der vergisst, warum wir sie seit rund 70 Jahren mit aller Gewalt versuchen aufzulösen. Denn wenn Grenzen wieder eine Rolle spielen, will man sie sichern und sie überwinden. Und das sicher wieder mit Gewalt. Nicht heute, nicht morgen. Vielleicht aber in 25 Jahren.
Noch machen sich Grenzen für uns Europäer nur bemerkbar, nachdem man sie überschritten hat. Man wird mit zwei SMS begrüßt, auf der immer weiter sinkende Kosten für die Kommunikation notiert sind. In vielerlei Ländern gibt es die gleiche Währung. Es ist die Vorstellung eines einzigen Kontinents, für die man vor drei, vier Generationen mit aller Gewalt einen gesamten Kontinent verwüstete.
Flandern, Paris, am Ende der Atlantik, das Mittelmeer, die Ostsee: Warum sollte man diese Freiheiten des gemeinsamen Lebens willentlich aufgeben? Nur weil man Träumen historischer Größen aus einer längst vergangenen Zeit nachhängt?
Neue Abgrenzungen, Kontrollen, oktroyierte Leitkulturvorstellungen, Sonderwege, Fremdenhass. Am Anfang geht es scheinbar nicht um viel. Am Ende geht aber um alles, was wir in den vergangenen Jahrzehnten gelernt haben sollten.
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