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9 Gedanken zum Bürgerentscheid
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Der Bürgerentscheid ist gelaufen. Die Mehrheit der abstimmenden Bonner hat sich gegen den Erhalt des Bades entschieden. Das im September beschlossene Hallenbadkonzept der Bonner Ratsmehrheit kann umgesetzt werden: Zwei Hallenbäder (Kurfürstenbad und Frankenbad) werden geschlossen. Beuel und Hardtberg bleiben erhalten. Ein neues Bad zwischen Bonn und Bad Godesberg soll gebaut werden bauen.

Trotzdem melden sich Kritiker mit Anmerkungen oder planen gar zu klagen.. Hier gibt es die Antworten.

1.) Das Ergebnis war so knapp, man muss über ein neues Bäderkonzept nachdenken.

Nein. Denn gefragt wurde, ob man das Kurfürstenbad erhalten sollte. Die Mehrheit hat urdemokratisch dagegen gestimmt. Jetzt alles wieder auf 0 zu setzen, würde das Votum konterkarrieren. Alle wurden gefragt, alle haben geantwortet.

2.) Die Menschen haben ja nur zu ihrem persönlichen Nutzen gestimmt, nicht gesamtstädtisch.

Ja. Denn es wurde jeder einzelne Wähler gefragt, ob er das Kurfürstenbad in Bad Godesberg behalten will. Wer einen Bürgerentscheid initiiert, muss damit rechnen. Politiker entscheiden, was für ihre Wähler und die Stadt am besten ist, auch wenn es dem einzelnen Wähler möglicherweise schadet. Dafür wird er gewählt: Entscheidungen zu treffen, die dem einzelnen weh tun und dem ihrer Ansicht nach gesamtstädtischen Wohl dienen. Ein in Dottendorf lebender Mensch wählt so, dass es ihm am meisten nützt. Und dort freut man sich sicher über ein Bonner Zentralbad. Und wer bei der Kommunalwahl schläft, hat eben vier Jahre lang zu leiden und zu klagen.

3.) Es wurden Fakten zurückgehalten

Zwei Tage vor Ablauf des Bürgerentscheids kam eine interne Mitteilung der SWB zum Vorschein. Dort wird gewarnt, dass die maximal mögliche Steuerabschreibung durch die Anschaffung neuer Bahnen aufgebraucht werde. Und der Steuervorteil, den man zum Bauen eines Bades nutzen will, damit nicht mehr zur Verfügung steht.

Fakt ist: Weil die SWB aber ab 2020 rund 84 Millionen Euro in neue Straßenbahnen investieren müssen, steigt der Verlust der Verkehrssparte.

Das heißt nicht, dass das neue Zentralbad 84 Millionen Euro kostet. Sondern nur, dass die SWB, wenn sie das Ding baut, ihre Steuerschuld nicht auch noch mit dem Bad schmälern kann. Also das Ding aus eigenen Mitteln, bzw. Durch einen Zuschuss der Stadt, finanzieren muss.

Nun müsste die Stadt auch bei einer Sanierung der beiden Hallenbädern Geld in die Hand nehmen. Ob sie das Geld jetzt der SWB als Bauherr zuschustert und einen Konzern ein neues Bad bauen lässt, der bei seinen letzten Projekten (MVA-Anbau, HKW Nord) ohne große Kostensteigerungen auskam, oder lieber selbst zwei marode saniert und dabei mit erheblichen Steigerungen zu rechnen hat, wie man bei Beethovenhalle und Haus der Bildung sieht? Im Zweifel lieber die SWB, muss man da sagen.

Im Übrigen steht noch nicht einmal fest, wie es sich mit der Abschreibung verhält. Und ob es nicht weitere Lösungen diesbezüglich gibt.

Fakt ist aber auch, dass die SWB als Melkkuh der Stadt in den nächsten Jahren ausfällt. Egal, ob man ein, zwei Bäder saniert oder ein neues baut, die bereits in die nächsten Stadthaushalt eingerechneten Gewinne sind Makulatur. Eigentlich müssten dementsprechend noch härtere Sparbeschlüsse folgen (Schließung Oper und Freibäder). Man darf gespannt sein.

Ob es also teuer, oder noch teurer wird.

4.) Mit allen Fakten auf dem Tisch hätten die Bonner anders gestimmt.

Hätte man warten wollen, bis alle Fakten auf dem Tisch liegen, hätte die Bürgerinitiative den Entscheid vielleicht auf einen späteren Termin legen lassen sollen. Oder die Frage ändern.

Der Bürgerentscheid debattierte aber nur einen Teil eines Bäderkonzepts, welches seit mindestens 10, wahrscheinlich aber seit 30 Jahren in Bonn herumgeistert. Eine Zentralisierung der Strukturen, um Unterhaltskosten zu sparen. Seit spätestens 2012 liegt in Form des Bädergutachtens der Vorschlag auf den Tisch, der nun bereits für die Hallenbäder umgesetzt wird: Bäderschließung und Neubau, um den Verlust je Besucher und damit die Eintrittspreise zu senken.

An diesem eingängigen Bild ändert auch nix, dass es möglicherweise günstiger gewesen wäre für den Bonner Stadthaushalt, wenn die SWB keine neuen Bahnen gekauft hätte. Gebaut oder saniert werden muss ja auf jeden Fall.

5.) Es ist für Menschen unmöglich, das neue Bad zu erreichen

Für viele Nicht-Bonner ist löst so eine Argumentation Kopfschütteln aus. Wenn plötzlich eine handvoll Kilometer zu einer Weltreise stilisiert werden und es zu gefährlich ist, aus Pennefeld  mit dem Rad zu fahrenFaktencheck: Mit dem Bus zum Luftschloss “Zentralbad”/Bonn, dann muss man sich auch fragen, in welcher Stadt man denn gerade lebt, gerade angesichs des vergleichweise guten Nahverkehrs. In jeder anderen wäre man froh, wenn es nur fünf Kilometer bis zu einem Hallenbad sind.

Hinzu kommt, dass bis 2020 nicht nur ein neuer Bahnhalt (Godesberg – UN CAMPUS ) in zwei Fahrminuten Abstand wartet, sondern vermutlich auch der ÖPNV dorthin fahren wird. Das Bad muss ja auch erst bei Eröffnung gut zu erreichen sein, eine heutige Brache nicht.

6.) Godesberg wird abgehängt

Godesberg wird abgehängt, weil wieder etwas zugemacht wird. Das kann man so sehen. Dass die Altstädter ihr Frankenbad verlieren, mag da nur wenig tröstend sein. Es trifft sowohl Bonn als auch Godesberg. Dass aber in der ehemaligen Diplomatenstadt derzeit alles grau ist, ist ein anderes Problem. Und das muss man anders angehen als mit dem Erhalt bereits verkommener und unzeitgemäßer Strukturen

7.) Alle habe gegen Godesberg gestimmt
3185 Stimmen fehlten, damit die Abstimmung pro Kurfürstenbad ausgegangen ist. Hätten die Godesberger also ihr Bad erhalten wollen, hätten eben mehr von ihnen einen Brief abschicken müssen. Doch offenbar interessierte es 32 Prozent der Godesberger Wahlberechtigen nicht wirklich, ob sie nach Dottendorf zum Schwimmen müssen, oder ins Kurfürstenbad. Bei täglich 70 zahlenden Gästen im letzten Kurfürstenbadjahr vielleicht auch kein Wunder.

8.) Bürgerentscheide bringen nichts und produzieren nur Kosten

Bürgerentscheide bringen etwas. Sie befragen alle wahlberechtigen Bürger zu einem Thema. Sie bewegen eine Stadt und bringen Menschen dazu, eine Meinung zu verschaffen.

Wenn aber die Frage schlecht formuliert ist, sind sie sinnlos. Sinnigerweise hätte man die über Konzepte abstimmen müssen, und zwar, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen. Das hätte man bereits 2012 machen können, doch damals entschied man sich lieber dafür, telefonisch eine ausgewählte Handvoll Bürger zu befragen (die sich übrigens knapp für die Schließung des Kurfürstenbads aussprachen).

Wie oben beschrieben, beinhaltete der Bürgerentscheid eine einfache Frage: Altes Bad wieder instandsetzen, ja oder nein? All das drum herum, dass es plötzlich um Stadtteilbäder versus Zentralneubaubad ging, wurde hineinstilisiert. Klar ist, dass man Geld nur einmal ausgeben kann. Entweder man finanziert als Stadt ein, zwei Badsanierungen, oder lässt einen städtischen Konzern ein neues Bad bauen.

Fazit

Wer in den letzten 10 Jahren erlebte, wie die Bäder in Bonn verkamen, erst das Viktoriabad, dann das Kurfürstenbad; wer gesehen hat, wie im Frankebad Umkleiden auseinanderbrechen, Becken gesperrt sind, es allerorts bröckelt und bricht; der weiß, dass man viel Geld in die Hand nehmen muss.

Man kann schlicht-funktionale Schwimmhallen mit 70er Charme erhalten, weil es sie eben schon immer gab, auch wenn man dazu eigentlich weder das Geld hat. Und muss mit den Folgen leben, nämlich stark steigende Eintrittspreise, wie sie von Gutachtern vorhergesagt wurden. Oder man baut ein Zentralbad, dass mehr, zeitgemäßen Komfort hat und auch noch für einkommensschwache Familien erschwinglich ist.

Und: Man sollte die Bürger des öfteren befragen, und zwar bindend im Rahmen eines Mindestquorums. Statt heiße Themen so lange zu verschieben, bis das Problem drängend und unlösbar wird.  Wie derzeit etwa bei der ehemaligen Stadtgärtnerei, die sich inzwischen in ein Biotop verwandelt hat.

In wenigen Wochen wird die Elektro-Funktion des Perso scharf geschaltet. Vielleicht ließen sich damit endlich ein System finden, dass Bürgerbefragungen kostengünstiger macht.

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