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Das Ende der SPD ist abzusehen. Ein Polit-Rant
Sebastian Eckert comment One Comment

Nein, pathetischer ging es nicht. Das Ende der SPD, es ist nur noch eine kurze Zeitspanne entfernt. Auch wenn die SPD  noch in vielen Landeskoalitionen und Teil der Bundesregierung ist, kann man bereits nach einer schwarzen Krawatte Ausschau halten, vor allem auf Bundesebene. Das ist einerseits schade, andererseits gut so. Denn die alte Tante braucht niemand mehr.

Gesellschaftspolitisch ist die SPD in den Zug ohne Wiederkehr eingestiegen, schon vor Jahren. Aussteigen will sie offenbar nicht. Während die deutsche Gesellschaft sich weiterentwickelt, der Schwulenehe, der vollständigen Gleichberechtigung den roten Teppich ausrollt, ist die Bundes-SPD formal dagegen. Um den Koalitionsfrieden nicht zu stören, heißt es, wird eine gesellschaftliche Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist, um weitere Jahre aufgeschoben. Sollen die Schwulen und Lesben eben noch länger warten. Die hoffen auf das Bundesverfassungsgericht.

Die CDU und die CSU dürfen das, als Christdemokrat muss man sich eben regelmäßig von Karlsruhe eine Watschn abholen, um wieder ein bisschen auf den Boden des Grundgesetzes geholt zu werden. Für eine SPD ist so etwas blamabel.

Bei den Sozis dachte man immer, sie wäre ein Motor für den Fortschritt. Zumindest war sie es mal, damals, unter Brandt und Schmidt. Der Zeit voraus, und nicht nur dafür da, den Koalitionsfrieden aufrecht zu erhalten.

Das scheint derzeit der einzige Zweck der SPD zu sein. Umweltpolitisch hat man sich entschieden, eine braunkohlebehaftete Dreckschleuder zu werden, aus Rücksicht auf Großkonzerne wie RWE. Dass die Mehrheit der Bevölkerung immer noch grün tickt, trotz unverschämt hoher Strompreise, ist der SPD egal. Wer muss schon darauf hören, was die Bevölkerung will.

Immer wieder geht es um den Koalitionsfrieden. Auch bei der Vorratsdatenspeicherung. Anstatt als SPD weiter Maß zu halten, befiehlt der Gabriel dem Maas, umzufallen. Der CSU ihre Vorratsdatenspeicherung zu schenken, die eine unverhältnismäßige Überwachung der Bevölkerung auf Schritt und Tritt darstellt. Der Mann vom Dachboden kommt damit zurück, und die SPD macht stillschweigend mit. Das ist vielleicht einem realen Sozialismus würdig, aber nicht sozialdemokratisch. Und die Bevölkerung, die restlichen SPD-Stammwähler, werden es nicht gutheißen.

Wer braucht eine Partei, die den Kontakt verloren hat zum Wahlvolk? Rechts der Mitte gibt es für die SPD nichts zu holen. Ein Verhindern der Homo-Ehe, die Vorratsdatenspeicherung, die Energiewende, all das sind Themen, bei der nur noch die CDU punkten kann.

Apropos Überwachung: Einer der größten Geheimdienstskandale liegt auf dem Tisch. Eine lückenlose Aufklärung, eine Herausgabe der Selektorenliste, die Einweihung des Wahlvolks verlangte die SPD einst. Ruderte aber genauso schnell zurück. Weil Koalitionsfriede. Warum die NSA etwas über die Ingolstädter Feuerwehr wissen wollt, werden wir wohl nie erfahren. Warum Orgelbauer als gefährlich galten? Offenbar egal.

Und dann ist da noch TTIP. Offiziell sagt man als Sozialdemokrat, man würde das kritisch begleiten. Inoffiziell ist abzusehen: Um den Koalitionsfrieden zu wahren, wird man das notfalls stillschweigend durchwinken.

Es wird der letzte Koalitionsfrieden sein, den die SPD halten will. Die Wähler werden es der SPD nicht danken. Die Partei wirkt wie eine schlaftablettenberuhigte FDP. Mal rumpelt sie ein bisschen, trottet dann aber brav hinter CSU und CDU her.

Und dann hat die Partei der Sozialdemokratie beschlossen, dass sich Arbeitnehmer einer einzigen Gewerkschaft unterwerfen müssen – egal ob sie sich vertreten fühlen oder nicht. Dass zu streiken schlecht ist für Deutschland, für Wirtschaft und milliardenschwere Groß- und DAX-Konzerne, dass Richter darüber entscheiden müssten, ob Arbeiter den Hammer niederlegen dürfen.

Vielleicht hätte man sich auch mal um das neue Prekariat kümmern können. Das Arbeitsministerium hat man ja inne. Um die Jungen, die sich von Monatsverträgen zu Monatsverträgen hangeln, keine Perspektive haben, eine Familie zu gründen, keinen Kredit bekommen, weil sie keine Arbeitsperspektiven haben. Die Arbeitnehmerrechte stärken. Ideen und Entwürfe für eine Gesellschaft 2.0 haben.

Pustekuchen. Stattdessen macht man bei jedem CDU-Murks mit, egal ob der Abschaffung offener WLANs, weil die Content-Industrie das so will. Stattdessen macht man populistische Gesetze, die das Fotografieren in der Öffentlichkeit unmöglich machen. Stattdessen verhindert man weiterhin den Aufbau einer digitalen Infrastruktur, statt ihn aktiv einzuleiten. Nur ein paar kleine Beispiel.

Die CDU hat eine Übermutti Merkel. Die SPD hat Angst vor der Zukunft. Ein Profil hat sie offenbar schon lange nicht mehr, auch kein Programm, das glaubwürdig klingt. Rückgrat hat sie irgendwo verloren, in der Koalitionsmühle, sonst hätte sie schon längst die Höllenehe mit der Union platzen lassen. Denn vielleicht hätte man der SPD dann zugetraut, als größte Regierungspartei ein neues, linkes Regierungsbündnis zu schmieden. Oder in einer Ampel mit der FDP. Jedenfalls wären die drei Monate Wahlkampf passend gewesen, um zu zeigen, dass man als SPD noch eine Relevanz hat für Wähler.

Hat man offenbar nicht. So bleibt das Bild einer Partei, die weder die Bürger achtet, noch auf Arbeitnehmerinteressen Rücksicht nimmt, noch sonst irgendwelche Visionen hat. Eine Partei, die sich mehr um den Koalitionsfrieden schert, als den Bürgern zu zeigen: Mit uns kommen Veränderungen, die gut sein können.

Als Wähler ist man desillusioniert von dem Parteisystem, bei dem viel Lärm gemacht wird, aber sich nichts bewegt. Die SPD war bislang die Füllmasse, der Gegenentwurf zur CDU, die andere Volkspartei. In einem stetig wachsenden Parteiensystem, in dem sich auch neue Parteien etablieren könnten, in dem Leute nicht mehr 50 Jahre lang das Kreuzchen dort setzen, wo es schon der Vater oder der Vorarbeiter gemacht hat, in einem solchen System gibt es für eine ausgelaugte SPD ohne Visionen, ohne Personal, ohne Programm und Interessen, keinen Platz mehr. Kein Wunder, dass sie da weiter bei 25 Prozent in den Umfragen dümpeln. Die Stammwähler eben, die noch nicht weggestorben sind.

Als Juniorpartner der CDU werden sie wohl noch bis zum Ende der Wahlperiode den Koalitionsfrieden erfolgreich wahren. Bleibt das Bild der SPD in der Zeit weiterhin so zerbrochen, so diffus, kann man sie getrost danach abschreiben.

Die alte Tante, sie hat sich überflüssig gemacht. Mal sehen, wer den Platz einnehmen wird.

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