Im Zweifel ist vieles gar nicht so wichtig. Einen Fahrschein für eine Station zu kaufen, wenn dir die Zeit davonläuft, etwa. Im schlimmsten Falle kostet es dich 75,00 Euro. Im Normalfall läuft der belgische Zugbegleiter, mit seiner Tonnenmütze und dem Langbart, einfach an dir vorbei, und lässt dich leben.
Klar, das Ticket hätte nur zwei Euro zehn gekostet. Aber der freundlich-schwankende Mann mit der Wodka-Fahne an der Bahnsteigkante erklärte mir wissend nicht nur, dass sowieso gleich sofort ein Zug käme, sondern dass die Schaffner ebenso nicht für eine Station kontrollieren würden. Man sollte Eingeborenen immer trauen, auch wenn es Anzeichnen für Trunkenheit gibt. Betrunkene sprechen meist die Wahrheit, und Sturzbesoffene sowieso.
Im Zweifel muss man auch gar nicht darauf achten, wirklich pünktlich von Brüssel Central nach Brüssel Midi zu gelangen. Betriebsvorfälle sorgen schon mal dafür, dass der Zug später da ist als du am Bahnsteig. Hättest also im Zweifel auch gar nicht schwarzfahren müssen, denn sie haben dann auch noch Zeit, den Bahnsteig zu ändern. Dafür gab es keine SMS, ganz anders als die wegen der Verspätung, das macht der Thalys doch gerne für einen, eine “komme-später-Meldung” ans Handy zu schicken, und eine Mail hinterher, um zu erklären, es sei ein Betriebsunfall gewesen, der die zweifelhafte Leistung des Schwarzfahrens unsinnig machte und mich zum Sinnieren brachte. Wegen des Unfalls und der einhergehenden Verspätung war dann auch Bahnsteig vier statt drei angesagt, auf belgisch.
Im Zweifel nützt es übrigens gar nichts, leidlich französisch zu können, wenn man nach Belgien fährt. Denn gerne benutzt man im Nachbarland einen Lautsprecherscrambler, der aus ordentlichen französischen Zugzielbahnsteigsänderungsansagen unverständliches Gekrache macht.
Das Ergebnis war im Zweifel auch nicht weiter relevant, denn drei statt vier ist meist okay, wenn sie am selben Betonfundament halten. Anders als bei der deutschen Bahn gibt es beim Thalys offenbar auch keine verkehrte Wagenreihenfolge. Dank elektronischer Wagenreihenfolgetafel werden Änderungen sichtbar bekanntgegeben.
Was im Zweifel egal ist, wenn man das falsche Ticket für den eigenen Sitzplatz zugrunde legt, und dann am falschen Zugende steht. Das alles ist im Zweifel nicht so wichtig.
Auf die Frage eines Bahnkunden an den Schaffner aber, ob man nicht lieber schnell außen am Zug entlang eilen solle, da dieser noch mindestens vier Minuten hält, als Schaffner zu antworten, nee, gehen sie lieber innen lang, sie da, mit ihrem schweren, breiten Rucksack, und den zwei Stativen daran; der Weg sei zwar lang, aber das passt schon, das geht im Zweifel so gar nicht. Vor allem dann nicht, wenn man Züge baut, in deren Mittelgang sich niemand mit Rucksack drehen kann, ohne ein Meer aus Verletzten hinter sich zu lassen. Und wenn dann zwei Schaffner am jeweils anderen Zugende auf die gleiche Idee kommen, dann sind das Dinge, die man im Zweifel auf einem Metal-Konzert als Wall of Death akzeptieren würde, nicht aber in einem Zug.
Nur mal so. Im Zweifel.
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